Monika Steiner
Nach der Rückkehr
Nun bin ich zurück von meinem einjährigen PBI-Einsatz in Kolumbien - und doch mit einem Bein noch dort. Meine Stube ist um einige schmalzige Vallenato-CD's reicher, die hier etwas fehl am Platz wirken und sofort Bilder von der anderen Welt hochkommen lassen. Es sind Bilder von älteren Bäuerinnen, die kein Blatt vor den Mund nehmen und die „lieber für etwas sterben als für nichts leben“. Bilder von namenlosen Gräbern, von denen nur die Familienangehörigen wissen, weil die Täter sonst die Leichenreste ausgraben und Beweise vernichten könnten. Bilder von Reisen hoch zu Maultier auf matschigen Dschungelpfaden.
Mein Jahr als Friedensbrigadistin in der Region Urabá habe ich als sehr intensiv erlebt. In den ersten Monaten fiel es mir nicht leicht, mich im fremden Kontext zurechtzufinden. Der Kopf wollte manchmal schier platzen von zu vielen neuen Eindrücken. Mit jedem Gespräch, in dem mich jemand an seinen Erinnerungen und Erfahrungen teilhaben liess, fügte sich ein Puzzleteil mehr zu einem Ganzen zusammen. Langsam begannen die Zusammenhänge des Konfliktes plastischer zu werden, welche in dieser Region zur Vertreibung und Ermordung zahlreicher Kleinbauern führten. Natürlich ist es für jemanden wie mich, die wohlbehütet aufgewachsen ist, ein fast unmöglicher Anspruch, die Realität von Vertriebenen verstehen zu wollen. Von Menschen, die jederzeit befürchten müssen, erneut alles zurücklassen zu müssen.
Es war gleichzeitig eine belastende und erfüllende Erfahrung, diese Menschen begleiten zu können. Belastend, weil unser Handlungsspielraum als internationale BeobachterInnen begrenzt ist und weil in einer Atmosphäre von Schmerz und Misstrauen manchmal die Befürchtung Überhand nimmt, dass dieser Konflikt nie zu einem Ende kommen wird. Andererseits ist es unglaublich erfüllend, wenn man sieht, wie unsere physische und politische Begleitung den Menschenrechtsverteidigern und den vertriebenen Bauern Sicherheit gibt und ihnen den Rücken stärkt für ihren friedlichen Widerstand. Diese Menschen kennenzulernen, die sich nicht einschüchtern lassen und unter den prekärsten Bedingungen einfach weiterfahren, sich Stück für Stück Gerechtigkeit zu erkämpfen, gibt einem das Gefühl, dass alles möglich ist.
Vor der Abreise
In wenigen Wochen werde ich aus der winterlichen Kälte in die tropische Hitze Kolumbiens reisen. Ich will einen Blick hinter das Klischee der gewalttätigen Drogennation werfen. Kolumbiens Konflikt um eine gerechte Verteilung von Land und natürlichen Ressourcen geht uns im Zeitalter der Globalisierung alle etwas an. Die kolumbianische Realität ist uns oft näher als uns bewusst ist: Sei es durch den Kaffee, den wir trinken oder die palmölhaltige Hautcrème, die wir benutzen.
Als Mitglied des PBI Teams kann ich vor Ort dazu beitragen, dem zivilen, gewaltfreien Widerstand gegen Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen den Rücken zu stärken. Ich bin gespannt auf die Begegnung mit den Menschen, die trotz massiver Einschüchterungsversuche nicht aufhören, beharrlich ihre Rechte einzufordern.