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Jessica García blickt auf ihr Jahr in Guatemala zurück

Jessica García im Einsatz in Guatemala
Jessica García

Jessica García berichtet über ihren intensiven und spannenden Einsatz in Guatemala sowie über die Bedeutung, welche der Begleitschutz für die MenschenrechtsverteidigerInnen hat.

Mein Jahr als Menschenrechtsbeobachterin mit PBI Guatemala war ein intensives Jahr, geprägt von spannenden Begegnungen mit engagierten Menschen. In den ersten Monaten war ich überwältigt von der Menge an Informationen, die es aufzunehmen galt. Den politischen Kontext und die begleiteten Organisationen sowie ihre Widerstandskämpfe zu verstehen und mich an einen neuen Sicherheitskontext anzupassen, gehörten zu den Herausforderungen.

Interne Weiterbildungen und Austausch mit Fachpersonen

Von einigen Aspekten der Arbeit mit PBI war ich positiv überrascht. Dazu gehörten die internen Weiterbildungen zum Sicherheitsverhalten im Alltag, zur Informatiksicherheit und zur Arbeit im Konsens, sowie die Austauschmöglichkeiten über die politische Lage Guatemalas. Sehr spannend fand ich beispielsweise die „cenas de coyuntura“, also Abendessen, an denen wir Fachpersonen, die gut über die aktuelle politische Situation und den historischen Kontext Bescheid wissen, einluden und mit ihnen diskutierten. Als ebenso bereichernd und wichtig empfand ich die zweimonatlich stattfindenden „sesiones de salud mental“. In diesen Sitzungen hatten wir Freiwilligen die Möglichkeit, mit einer Fachperson über die Herausforderungen unserer Arbeit zu sprechen und von ihr psychologisch unterstützt zu werden.  

Die Bedeutung der moralischen Unterstützung

Je mehr ich die Begleitarbeit von PBI, die Widerstandskämpfe und den historischen Hintergrund verstand, desto besser konnte ich mich mit meiner Rolle als Freiwillige identifizieren. Viele MenschenrechtsverteidigerInnen sagten uns, wie wichtig die Unterstützung von PBI für sie sei. Nebst der Sicherheit, die wir ihnen durch unsere physische, politische und informative Begleitung geben können, ist auch die moralische Unterstützung von Bedeutung: „Durch die Arbeit von PBI fühle ich mich nicht alleine in meinem Kampf“, hiess es oft. Das waren Worte, die mich berührten und motivierten, denn diese Menschen nehmen in ihrem Kampf für Gerechtigkeit grosse Risiken auf sich und ihre Familien.

Besonders schön fand ich, dass die Türen des PBI-Hauses für die Begleiteten immer offen standen. Es kam vor, dass die MenschenrechtsverteidigerInnen uns spontan einen Besuch abstatteten und wir einen Kaffee oder ein Mittagessen mehr vorbereiteten, um uns mit ihnen auszutauschen. Das Vertrauen, das die Begleiteten in PBI hegen und wie diese Beziehungen seit der Ankunft des Projektes in Guatemala im Jahre 1983 aufgebaut und aufrechterhalten werden, war für mich sehr beeindruckend.

Sorge um die Zukunft Guatemalas

Anfang Januar schaffte Präsident Jimmy Morales die Internationale Kommission gegen Straflosigkeit (Cicig- Comisión Internacional contra la Impunidad) ab, welche unter dem Dach der Vereinten Nationen arbeitete. Morales ignorierte dabei mehrere Entscheide des Verfassungsgerichtes, welches die Abschaffung dieser Kommission unterbinden wollte. Dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip wird kaum mehr Beachtung geschenkt. Die grosse Mehrheit im Parlament und die Regierung plädieren für Gesetze, welche die Straflosigkeit fördern und die Rechte der Zivilgesellschaft massiv einschränken. Die Wahlen im Juni 2019 lassen mich kaum Hoffnung schöpfen.

Trotz der Unruhe, welches dieses Jahr bei mir hinterlässt, bin ich sehr dankbar für die Erfahrungen und Begegnungen in Guatemala und für das Verständnis, welches ich über die globalen wirtschaftlichen Zusammenhänge erlangen konnte. Aus einigen meiner TeamkollegenInnen wurden ausserdem gute FreundInnen, die ich nicht mehr missen möchte.

Jessica García

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