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Ein Jahr als Freiwillige in Honduras – Eine Gratwanderung zwischen Verzweiflung und Hoffnung

Ein Jahr als Freiwillige in Honduras – Eine Gratwanderung zwischen Verzweiflung und Hoffnung
jk

Im Dezember 2017 startete meine Reise nach Honduras, ein mittelamerikanisches Land, welches gerade inmitten einer politischen Krise steckte. Nur wenige Wochen vor meiner Ankunft wurde in den grössten Städten eine Ausgangssperre verhängt. Präsident Juan Orlando Hernández gewann die Präsidentschaftswahlen, doch viele Honduranerinnen und Honduraner erkannten das Resultat nicht an und warfen ihm Wahlbetrug vor. Es kam zu Demonstrationen und Strassensperren, welche gewaltsam von Militär und Polizei unterdrückt wurden. Die Folge davon waren mehrere Verletzte und leider auch Tote.

Verzweiflung

Welch ein Start in die Realität Honduras. Wir erhielten nachts Anrufe mit Notfällen, beobachteten Demonstrationen, welche in Gewalt endeten, hatten Sitzungen mit diversen Behörden etc. Die ersten Monate waren schwierig, geprägt von Zweifeln, Aussichtslosigkeit, Übermüdung und der ständigen Frage nach dem Sinn unserer Arbeit. Denn PBI arbeitet nach den Prinzipien der Gewaltfreiheit, Unparteilichkeit und Nichteinmischung, was dazu führt, dass der Handlungsspielraum limitiert ist. Es ist frustrierend zu wissen, dass ein Beamter verantwortlich ist für Menschenrechtsverletzungen und dies nicht anklagend benennen zu dürfen, sondern stets eine unparteiische und neutrale Sprache zu gebrauchen. Doch mit der Zeit gewöhnte ich mich daran und noch wichtiger, ich erkannte die positiven Seiten dieser Prinzipien und konnte mich damit identifizieren. Zudem konnte ich einmal mehr lernen, dass nicht alles nur schwarz oder weiss ist, wie es oftmals scheint.

Hoffnung

Es ist der Austausch mit den Menschen, welcher hilft die Graustufen zu sehen, Verständnis zu zeigen und mit Hoffnung vorwärts zu blicken. Die begleiteten MenschenrechtsverteidigerInnen sind Kämpfer, welche sich für ihr Land, den Zugang zu Nahrung, Meinungsfreiheit oder die Anerkennung ihrer sexuellen Identität einsetzen und dafür oft ihr Leben und ihre Integrität riskieren. Doch es waren nicht nur die Begleitungen und Treffen mit den AktivistInnen, sondern auch die Gespräche mit Polizisten, ranghohen Militärs oder europäischen Botschaftern, welche dafür sorgten, dass ich auch die andere Seite zu sehen und zu verstehen lernte. Denn leider ist auf die eine oder andere Weise auch ein Polizist, welcher die Befehle seines Chefs befolgt, ein Opfer des Systems.

Auch wenn die Arbeit mit PBI anstrengend und emotional herausfordernd war, hat sich der Einsatz rückblickend gelohnt, denn ich habe in diesem Jahr sehr viel gelernt, auf professioneller sowie auf persönlicher Ebene und durfte viele schöne Begegnungen erleben. Ich bin dankbar dafür, dass ich Teil dieses Projektes sein durfte, welches ich während meines Jahres oft hinterfragte, da es mir so klein und unbedeutend vorkam, aber welches von den MenschenrechtsverteidigerInnen in Honduras unglaublich geschätzt wird.

Jeannine Käser

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