Am 16.12.2021 organisierte PBI Schweiz ein Webinar zur Menschenrechtslage in West Papua, Indonesien. Im Zentrum der Diskussion standen die negativen Folgen des Baus von Megaprojekten für die Bevölkerung in der Region.
West Papua ist sehr reich an natürlichen Ressourcen, mit welchen die Regierung und Investor*innen Geschäfte machen, erklärte der Menschenrechtsanwalt Yohanis Mambrasar zu Beginn des Webinars. Die indonesische Regierung baut in der Region ein gross angelegtes Landwirtschaftssystem auf. Dieses ist jedoch nicht nur schädlich für die Umwelt sondern verhindert auch den traditionellen Anbau von Nahrungsmitteln der indigenen Gemeinschaften. Maria Baru, Journalistin und Aktivistin fügte hinzu, dass viele Papuaner*innen nun auf den Plantagen arbeiten müssen, auch Kinder, die deshalb nicht mehr zur Schule gehen können. Dies führt dazu, dass der Lebensstandard der Bevölkerung immer weiter sinkt. Die Alphabetisierungsrate ist niedrig und die Sterblichkeitsrate steigt aufgrund der Gewalt, aber auch durch Krankheiten wie HIV/AIDS.
"West Papua ist ein blinder Fleck"
In Ergänzung zu den Ausführungen der beiden Aktivist*innen sprach Heinzpeter Znoj, Professor für Sozialanthropologie an der Universität Bern, über den historischen Kontext in West Papua und machte darauf aufmerksam, dass West Papua ein blinder Fleck ist, über den international kaum berichtet wird.
Znoj führte aus, dass die Region durch einen autoritären Kapitalismus geprägt und die indonesische Armee in viele Geschäfte auf West Papua involviert ist. Die Regierung fördert Infrastrukturprojekte wie den Bau von Militärposten, Häfen, Flughäfen und Strassen. Diese Projekte kommen jedoch nicht der lokalen Bevölkerung zugute, welche in vielen Fällen im Namen der "Entwicklung" vertrieben wird. Mambrasar erwähnte zudem, dass Kredite, um eigene Projekte zu verwirklichen, der lokalen Bevölkerung verwehrt bleiben. Die indigene Bevölkerung hat weder Kontrolle über, noch das Mitspracherecht oder Zugang zu Informationen bezüglich den geplanten Megaprojekten. Viele Indonesier*innen aus anderen Regionen ziehen nach West Papua, weil es dort Geschäftsmöglichkeiten und Arbeitsplätze auf Militärbasen und Plantagen gibt. Diese Zuzügler*innen marginalisieren die lokale Bevölkerung weiter, meinte Znoj.
Die Geschichte West Papuas ist schon lange von der Militarisierung geprägt, erklärte Znoj. Papua war früher eine niederländische Kolonie, wurde aber gezwungen, Teil Indonesiens zu werden, und konnte nicht unabhängig werden. Mambrasar und Baru berichteten, dass die Armee die Menschenrechte in der Region regelmässig verletzen – Ermordungen, Drohungen und Folter gehören zur Tagesordnung. Die indonesische Regierung erlaubt es ausserdem nicht, dass Journalist*innen in die Region einreisen um über die Situation zu berichten.
Mehr Visibilität nötig
NGO’s machen deshalb auf die Lage in West Papua aufmerksam und durch internationale Unterstützung soll Druck auf die Regierung ausgeübt werden, damit sie ihren Verpflichtungen zur Einhaltung der Menschenrechte nachkommt. Der politische Dialog ist zentral, genauso wie die internationale Aufmerksamkeit, betonten die Aktivist*innen. Für Indonesien steht im Frühjahr 2022 die Universelle Periodische Überprüfung am UNO-Menschenrechtsrat an. Im Rahmen dieses Mechanismus haben NGOs die Möglichkeit Berichte einzureichen, um Licht auf die kritische Menschenrechtslage in West Papua zu werfen.
PBI arbeitet in Indonesien gemeinsam mit der Organisation ELSAM und bietet ein Trainingsprogramm zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen an. Yohanis Mambrasar und Maria Baru sind Alumni dieses Programms.
Weitere Informationen:
- Hören sie den Radiobeitrag mit Yohanis Mambrasar und Maria Baru: "Indigene in Westpapua kämpfen für Unabhängigkeit", Radio RaBe, 10. Januar 2022
- Yohanis Mambrasar hat über den Konflikt um den Militärflughafen in Tambrauw im Buch "Infrastructure Idols. Portraits and Paradigms of Development under Special Autonomy in Papua." geschrieben, das von ELSAM 2020 veröffentlicht wurde
- Erfahren Sie mehr über das Indonesien Projekt von PBI