Aller au contenu principal

Interview mit Schwester Mariela zum Bildungsansatz in der Friedensgemeinde von San José de Apartadó, Kolumbien

Interview mit Schwester Mariela zum Bildungsansatz in der Friedensgemeinschaft von San José de Apartadó, Kolumbien
ts

Die Friedensgemeinde von San José de Apartadó ist eine waffenlose, neutrale Zone in einer Region Kolumbiens, in der Konflikte um natürliche Ressourcen und die geopolitische Position an der Tagesordnung stehen. Auch der Bildungsansatz der Gemeinde grenzt sich bewusst ab. Der PBI-Freiwillige Manuel Müller hat Schwester Mariela kurz vor ihrem Abschied als Erzieherin in der Schule interviewt. 

Manuel Müller: Wie kam es dazu, dass die Gemeinde einen alternativen Bildungsansatz entwickelte?

Schwester Mariela: Die Gemeinde zog nach dem Massaker 2005 von der Stadt Apartadó auf das Gut ‚La Holandita‘. Der Staat unterliess es, LehrerInnen zum neuen Sitz zu entsenden, sodass die Gemeinde ihre eigene Art von Bildung aufbaute. Diese sollte direkt etwas mit dem Leben zu tun haben.

Die Landwirtschaft hat in unserer Bildung eine zentrale Rolle. Wir alle hier sind LandwirtInnen und haben kein Interesse daran, in die Stadt zu ziehen. Zudem wehren wir uns dagegen, unsere Produktion bspw. einem grösseren Unternehmen zu unterstellen. Wir betreiben Landwirtschaft und entscheiden selber wie. Der Gemeinschaftsgedanke ist auch sehr wichtig. Die Schule beruht auf dem Gedanken, dass alle zusammen lernen. Die Erzieherinnen unterstützen, begleiten und nehmen an Lernprozessen Teil. Jedoch hat keine das Wissensmonopol inne: Niemand weiss nichts und niemand weiss alles. Hinterfragen und Diskutieren ist ein wichtiger Bestandteil des Lernprozesses.

Dennoch ist klar, dass alles, was die Kinder wissen, tun oder tun können, sich um ihre bäuerliche Identität oder um die ländliche Welt dreht. Sie lernen, was man in einem ländlichen Leben macht und wieso. In dieser Gemeinde weiss man, wo man herkommt, man achtet und pflegt seine Wurzeln. 

PBI Schweiz: Wie nimmst du, Manuel, den Bildungsansatz der Friedensgemeinde wahr?

Manuel Müller: Bildung ist ein wichtiger Pfeiler der Gesellschaft und prägt sie auch. Ich wäre nicht für PBI in Kolumbien, wenn ich eine andere Bildung erhalten hätte. Deswegen finde ich es sehr wichtig, dass die Friedensgemeinde ein eigenes Bildungssystem hat, welches Kontinuität gewährleistet, das Gemeinschaftliche ins Zentrum stellt und sich gleichzeitig kritisch mit der Gesellschaft auseinandersetzt. Die jungen Mitglieder haben ein ausgeprägtes politisches Bewusstsein und übernehmen bereits wichtige und verantwortungsvolle Ämter in der Gemeinschaft.

Manuel Müller hat einen Master in Humangeografie absolviert und arbeitet seit September 2019 in Apartadó, Kolumbien, als PBI-Freiwilliger und unterstützt die Arbeit der MenschenrechtsverteidigerInnen vor Ort. 

Weitere Informationen: