
Valérie Elsig (1971)
- Mitglied der Association PBI Suisse romande
- Programmverantwortliche für Burkina Faso bei der NGO Sentinelles, seit 2016
40 Jahre PBI
Freiwillige des Monats - Mai 2021: Valérie Elsig
Nach der Rückkehr aus Guatemala 2009
Die starken Kontraste und die Komplexität der Situation in Guatemala haben mich geprägt. Konfrontiert mit Ungerechtigkeit, sozialer Ungleichheit und ethnischer Diskriminierung reagieren Guatemaltek*innen oft mit Fatalismus, bewahren jedoch gleichzeitig Freundlichkeit und Wohlwollen. Ohnmacht steht neben Optimismus, Trägheit angesichts der Ungerechtigkeiten kontrastiert mit dem Mut und der Hartnäckigkeit von Menschenrechtsverteidiger*innen. Die Situationen sind komplex, die Rollen der Akteure oft diffus - so sind nicht selten diejenigen, die eigentlich die Schwachen schützen sollten, auf der Seite der Unterdrücker wiederzufinden - und die allgegenwärtige Korruption verstärkt dieses Phänomen. Angesichts dieses düsteren Bildes und der Komplexität mag die Arbeit von PBI wie ein Wassertropfen in einem Meer der Ungerechtigkeit erscheinen. Für die Menschen, die wir begleiten, ist diese Arbeit jedoch von unschätzbarem Wert. Es ist dieses Bild der Solidarität, das den Unterschied macht, welches ich von diesem Jahr behalten werde, sowohl persönlich als auch kollektiv.
Erneuter Aufbruch mit PBI nach Honduras 2014
Kurz vor der Abreise nach Honduras sind meine Gefühle gemischt. Ich habe den Eindruck eines Déjà-vus, da ich mich bereits im 2008 auf einen Einsatz mit PBI vorbereitet hatte – damals ging es um Guatemala. Heute geht es um Honduras und es kehren die gleiche Gefühle wieder: die Aufregung und die Angst durch die Ungewissheit vermischt mit der Freude, Menschen unterstützen zu können, die unermüdlich für ihre Rechte und die ihrer Gemeinschaft kämpfen.
Die Intensität dieser Erfahrung und der menschliche Austausch haben mich während meines Einsatzes in Guatemala sehr geprägt. Es ist die Kraft dieser Erfahrung und die konkrete – wenn gleich auch bescheidene – Wirkung des Begleitschutzes durch PBI die mich dazu bewegt hat, heute mit PBI nach Honduras zu gehen und bei der Eröffnung des neuen Projektes dabei zu sein.
Vielseitige Aufbauarbeit
Zu Beginn des Projektes mussten wir als Vierer-Team ganz unterschiedliche Arbeiten erledigen. So haben wir in den ersten Monaten das Büro eingerichtet, Möbel (einschliesslich Flöhe!) bei den Schreinern des Marktes und in Second-hand-Läden gekauft, Erkundungsreisen durch das Land unternommen und die honduranischen Behörden und das diplomatische Korps getroffen. Wir lernten so unser Arbeitsumfeld kennen, organisierten die interne Arbeit auf Konsensbasis, erarbeiteten Arbeitsabläufe und Leitfäden, verfassten Artikel für die Publikationen und erledigten administrative Aufgaben, um den legalen Status als Organisation in Honduras zu erhalten…
Endlich Schutzbegleitungen durchführen
All diese Aktivitäten erschienen uns vorrangig und wichtig, aber natürlich wollten wir alle ins Feld und unser Mandat so schnell wie möglich umsetzen: Durch Schutzbegleitungen, die Abschreckung von Angriffen auf die Menschrechtsverteidiger*innen und moralische Unterstützung. Wir wurden dabei damit konfrontiert, wie schwierig es ist, den lokalen Kontext im Detail zu verstehen und dass es unmöglich ist, allen Forderungen nachzukommen. Das zwang uns dazu, Prioritäten zu setzen. Es war schliesslich eine grosse Befriedigung, im Mai 2014 mit den Begleitungen beginnen zu können.
Nach der Rückkehr aus Honduras 2015
Es ist speziell, wieder zurück in der Schweiz zu sein. Nach sehr intensiven 14 Monaten in Honduras, wo ich als Menschenrechtsbegleiterin für PBI Honduras gearbeitet habe, muss ich mich nun wieder hier einleben. Dort war ich mit den schwierigen Lebensbedingungen der Honduran*innen und insbesondere der Menschenrechtsverteidiger*innen konfrontiert. Das Ausmass an Gewalt und permanenter Spannung kannte ich aus der Schweiz nicht. Nun geniesse ich es wieder einfach frei überall hingehen zu können. Was für ein Luxus und Glück!
Von der Schweiz aus weiter begleiten
Am beeindruckendsten in diesen 14 Monaten in Honduras waren für mich der Mut und die Entschlossenheit der MenschenrechtsverteidigerInnen, die ihren gewaltlosen Kampf für die Rechte ihrer Gemeinschaften und gegen das Unrecht weiterführen. Sie riskieren dabei oft ihr Leben, ihre Gesundheit und die Sicherheit ihrer Familien. Aber haben sie wirklich eine Wahl? Sie könnten ihren Kampf aufgeben, aber das ist auch keine wirkliche Option? Genau darum ist die Begleitung von PBI so wichtig. Es macht mich sehr froh zu sehen, dass das Projekt von PBI in Honduras nun steht und so MenschenrechtsverteidigerInnen bei ihrem Kampf durch internationale Freiwillige unterstützt werden können. Ich verspüre sowohl die Pflicht als auch die Lust, ihre Arbeit von der Schweiz aus weiter zu begleiten.



Die Folgen des Goldabbaus in Honduras. Interview mit dem Menschenrechtsanwalt Donald Hernández, der sich für die Rechte der indigenen Bevölkerung im Zusammenhang mit Bergbauprojekten einsetzt. / Eindrücke aus einer brutalen Realität. Valérie Elsig beschreibt zwei Begleitungen, die sie während ihrem Freiwilligeneinsatz in Honduras besonders geprägt haben.

Le Honduras malade de son or. Interview avec le défenseur des droits humains Donald Herndández. Il s'engage pour les droits des communautés autochtones menacées par des projets d'extraction. / Cascade d'émotions dans une réalité brutale. Valérie Elsig décrit deux accompagnements qui l'ont marquée durant son année d'engagement volontaire au Honduras.