Tania Hörler
- September 2010 Friedensfachkraft, Forum ZFD, Philippinen
- Studium Internationale Beziehungen in Genf
- Geschäftsleiterin Jugendaustausch Schweiz-GUS
- Mediatorin
«Wo sind meine Ideale geblieben?»
Ende August 2009. Seit sechs Monaten ist das Friedensdokumentationszentrum in Wamena wieder eröffnet – ein Projekt, welches ich seit Beginn begleiten durfte. Die Bibliothek erfreut sich einer ständig grösser werdenden Leserschaft. Vor allem Kinder lesen und zeichnen jeden Nachmittag begeistert. Es ist eine Freude zu sehen, wie das Selbstvertrauen der beiden lokalen Mitarbeiter wächst, wie sie immer mehr Verantwortung selber übernehmen und eigene Ideen einbringen. Wir hoffen, die Bibliothek bald ganz in ihre Hände übergeben zu können. Ich spüre, wie meine Präsenz Sinn macht und ich im kleinen Rahmen etwas bewirken kann. Ich bin hochmotiviert. Dann der Schock. Gerüchte, es gebe Unregelmässigkeiten mit unseren Visa und/oder Arbeitspapieren. Fassungslosigkeit. Was nun? Fragen über Fragen. Keine Anworten. Schliesslich Abreise nach Jakarta und später, auf dringendes Anraten verschiedener Konsulate hin, Ausreise nach Kuala Lumpur. Vertragsende. Bittere Enttäuschung. Wo sind meine Ideale geblieben?
Nach einem Monat Sprachkurs
Nach einem Monat Sprachkurs in Jogjakarta ist es nun bereits mehr als einen Monat her, seit ich die winterlich kalte Schweiz in Richtung Indonesien verlassen habe. Ich bin ohne Probleme in mein neues Leben hier in tropischer Wärme eingetaucht. Dazu beigetragen haben sicher die KollegInnen von PBI, die ich aus dem Projekttraining kannte und die vor mir mit dem Sprachkurs begonnen haben. Durch sie habe ich innerhalb kurzer Zeit viele tolle Leute kennen gelernt und mir ein soziales Umfeld schaffen können,in dem ich mich sehr wohl fühle. So bin ich zum Beispiel bereits nach einer Woche von der Gastfamilie in eine WG umgezogen, die bereits zu meinem neuen Zuhause geworden ist.
Zum guten Start beigetragen hat aber sicher auch die angenehme und herausfordernde Umgebung bei Wisma Bahasa, der Sprachschule. Die Lehrer legen nach wie vor ein flottes Tempo vor und es gilt jeden Tag mehrere Stunden zu lernen und repetieren, um mithalten zu können. Motivierend ist aber, dass ich fast täglich in den Alltagsgesprächen beim Einkaufen oder Treffen mit Bekannten den Fortschritt spüre. Nur noch wenige Lektionen und ich werde mich intensiv mit PBI-spezifischen Themen beschäftigen, darauf freue ich mich!
Nur ab und zu, wenn ich von Familie und Freunden Berichte über die vorweihnächtliche Stimmung in der Schweiz oder Fotos des ersten Schnees erhalte, kommen etwas wehmütige Gefühle auf. Hier in Indonesien gibt es aber jeden Tag so viel Neues und Spannendes zu lernen und zu erfahren – da verfliegen diese Gedanken jeweils schnell wieder.
Vor der Abreise
„Viele kleine Menschen an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern.“ (aus Afrika)
Wenige Wochen vor der Abreise scheint mir der Schritt von der Schweiz nach Indonesien riesig. So Vieles will noch organisiert und erledigt werden und der Abschied von Familie und Freunden wird mir nicht leicht fallen. Trotzdem bin ich überzeugt, den richtigen Schritt zu tun. Mit PBI habe ich eine Organisation gefunden, die nicht nur zwei Themen verbindet, die mich faszinieren und seit dem Studium begleiten: Menschenrechte und Friedensförderung. PBI steht auch für Prinzipien, die meine Arbeit erst sinnvoll machen, nämlich nicht direkt in die Angelegenheiten der lokalen Aktivisten und Organisationen einzugreifen, sondern sie so zu unterstützen und zu bestärken, dass sie ihren eigenen (langen) Weg Richtung Frieden verfolgen können und dies an einem Ort, der nicht im Zentrum des öffentlichen Interesses steht.
Ich erhoffe mir, dass mein Einsatz ein kleiner Schritt ist, der dazu beiträgt, unserer Welt ein etwas menschlicheres, gerechteres und friedlicheres Gesicht zu verleihen.